Gemeinsam für NachhaltigkeitWie Solingens Bürger*innen „Orte der Veränderung“ gestalten

Eine Gruppe Menschen steht vor einem Holzhaus und hält ein Plakat hoch.

Dialog, Mitsprache, Akzeptanz. Das sind nur einige positiv belegte Begriffe, die mit Bürgerbeteiligung in Verbindung gebracht werden. Die Teilhabe von Bürger*innen ist grundlegend für unser Demokratieverständnis und damit auch eine wichtige Säule kommunaler Entscheidungsprozesse. Die Klingenstadt Solingen setzt auf ihrem Weg zur Umsetzung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen auf eine breite und transparente Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft. Bürger*innen, aber auch Vereine, Initiativen, Institutionen, Bildungseinrichtungen und lokale Unternehmen bringen eigene Perspektiven, wertvolles Wissen und kreative Ideen in den Nachhaltigkeitsprozess mit ein.

Aus einem breit angelegten Dialog zur Erarbeitung einer Nachhaltigkeitsstrategie sind in Solingen – verteilt über das gesamte Stadtgebiet – „Orte der Veränderung“ entstanden, die die 17 Ziele der Agenda 2030 für alle erlebbar machen. Zum Tag der Bürger*innenbeteiligung am 18. August haben wir mit Ariane Bischoff gesprochen. Die Landschaftsarchitektin leitet den Stab „Nachhaltigkeit und Klimaschutz” in Solingen und arbeitet in dieser Funktion und in gemeinsamer Mission direkt mit dem Oberbürgermeister Tim Kurzbach zusammen. Denn Nachhaltigkeit wird in Solingen von allen gelebt – vom Kindergartenkind bis hin zum Oberbürgermeister.

Frau Bischoff, warum ist Ihnen das Thema Nachhaltigkeit und eine nachhaltige Stadtgestaltung so wichtig?

Seit mehr als zwei Jahrzehnten bin ich an verschiedenen Stellen bei der Stadt Solingen tätig und begleite seit seinen Anfängen auch den Nachhaltigkeitsprozess. Das Thema umfasst viele verschiedene Facetten von sozialer, ökologischer, ökonomischer Entwicklung. Damit unser Planet für uns, für unsere Kinder und Kindeskinder attraktiv und lebenswert bleibt und wir das, was uns lieb und teuer ist, erhalten können, müssen wir uns unbedingt mit Nachhaltigkeit befassen.

Solingen hat 2018 eine eigene kommunale Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet und setzt diese nun um. Können Sie uns erläutern, wie Bürger*innen in den Entwicklungsprozess mit einbezogen waren?

Wir waren uns in Solingen eigentlich von Anfang an darüber einig, dass wir den Nachhaltigkeitsprozess mit allen angehen wollen, die an diesem Thema Interesse haben: mit Privatpersonen, Vereinen, Initiativen, Unternehmen, mit politisch Verantwortlichen und natürlich mit den vielen unterschiedlichen Bereichen der Verwaltung inklusive Stadtwerke und Klinikum. Denn wir können nur nachhaltige Veränderungen bewirken, wenn alle an einem Strang ziehen.

Damit unser Planet für uns, für unsere Kinder und Kindeskinder attraktiv und lebenswert bleibt und wir das, was uns lieb und teuer ist, erhalten können, müssen wir uns unbedingt mit Nachhaltigkeit befassen. Ariane Bischoff, Landschaftsarchitektin

Außerdem wollten wir nicht erst mit den verschiedenen Akteur*innen ins Gespräch kommen, wenn die Strategie bereits beschlossen ist – uns war es wichtig, von Beginn an zusammenzuarbeiten. So haben wir direkt nach einer Bestandsaufnahme zu einer Nachhaltigkeitskonferenz eingeladen, Anregungen aus der Stadtgesellschaft aufgenommen, Ideen für die Umsetzung formuliert und wieder an alle zurückgespielt. Das Format der Nachhaltigkeitskonferenzen hat sich dann im Laufe der Zeit für unsere Stadt bewährt.

In den Zwischenzeiten gab es aber auch noch runde Tische, Arbeitskreise und die Treffen der Steuerungsgruppe für unsere Nachhaltigkeitsstrategie. Die Steuerungsgruppe stammt noch aus der Zeit, in der Solingen am Programm „Global Nachhaltige Kommune“ von Engagement Global teilgenommen hat. Heute nennt sie sich Beirat, ist aber nach wie vor genauso breit besetzt – nämlich mit Vertreter*innen aus allen Ratsfraktionen, aus der Wirtschaft, der Wissenschaft und aus der Zivilgesellschaft. Unser Anliegen war es, die breite Bevölkerung mit einzubeziehen, daher sind Vertreter*innen aus dem Integrationsrat, den Wohlfahrts- und Naturschutzverbänden im Beirat vertreten.

Ich rate dazu, zunächst zu überlegen, welche zentralen Stakeholder in der Kommune auch ein Interesse an einer Nachhaltigkeitsstrategie haben und diese einzuladen, die Ziele mit zu formulieren und mit ganz konkreten Schritten voranzubringen. Mein Tipp dabei: lieber klein anfangen und offen dafür sein, dass sich der Prozess aus sich heraus entwickelt.

Was ist nach Verabschiedung der Nachhaltigkeitsstrategie passiert? Stehen Kommune und Stadtgesellschaft weiterhin in engem Austausch?

Nachdem die Nachhaltigkeitsstrategie 2018 beschlossen worden war, haben wir sofort eine weitere Nachhaltigkeitskonferenz ausgerichtet, um in den Umsetzungsprozess zu starten. Dort haben wir unsere Impulsprojekte vorgestellt. Das waren Projekte, an denen die verschiedensten Akteur*innen beteiligt waren. Und dann kam der Zeitpunkt, zu dem wir uns gefragt haben: Wie können wir das Engagement noch breiter verankern? 2020 – sogar noch vor der Corona Pandemie – hatten wir den Gedanken, ein neues Konferenzformat auszuprobieren. Die Idee war, nicht in einem Konferenzraum zu tagen, sondern rauszugehen an die Orte, wo Veränderung und Transformation stattfinden, und dort dezentrale Workshops anzubieten. Aus dieser Idee sind die „Solinger Orte der Veränderung“ entstanden. Am Anfang waren es elf, heute sind es 30. An diesen Orten geht es um gesellschaftliche Teilhabe und soziales Miteinander, um Klima- und Ressourcenschutz, um nachhaltiges Wirtschaften. Es sind Wohnprojekte dabei, Sportvereine, Schulen, Naturschutzprojekte, Nachbarschaftsgärten und lokale Unternehmen. Die Menschen, die an den Projekten mitwirken, identifizieren sich mit den Zielen der Solinger Nachhaltigkeitsstrategie und sind zu deren Botschafter*innen geworden.

Was würden Sie anderen Kommunen mit auf den Weg geben, damit eine Nachhaltigkeitsstrategie den Rückhalt der Bevölkerung inne hat?

Ich rate dazu, zunächst zu überlegen, welche zentralen Stakeholder in der Kommune auch ein Interesse an einer Nachhaltigkeitsstrategie haben und diese einzuladen, die Ziele mit zu formulieren und mit ganz konkreten Schritten voranzubringen. Mein Tipp dabei: lieber klein anfangen und offen dafür sein, dass sich der Prozess aus sich heraus entwickelt. Aus unserer Erfahrung kann ich sagen, dass sich einige Kooperationen und Projekte ergeben haben, die nicht geplant waren, sich aber als sehr wertvoll erwiesen haben. Aus den Nachhaltigkeitskonferenzen sind die „Solinger Orte der Veränderung“ entstanden. Letztes Jahr im September haben wir in Kooperation mit dem Forum für Soziale Innovation (FSI) und unter der Beteiligung von vielen lokalen Initiativen, Start-Ups und Unternehmen die „Solinger Nachhaltigkeitswochen” veranstaltet. An zehn verschiedenen Tagen wurden Vorträge, Workshops, Rundgänge und Mitmachaktionen angeboten, und am Ende fand ein Nachhaltigkeitsforum statt. Und dieses Jahr veranstalten wir am 18. August ein Nachhaltigkeitsfestival im Gründer- und Technologiezentrum – nicht nur für Solingen, sondern auch für Aktive und Interessierte aus dem Bergischen Land. Mit diesem niederschwelligen Angebot wollen wir noch mehr Initiativen und Menschen die Möglichkeit geben, ihre Ideen einer Öffentlichkeit zu präsentieren und Kontakte zu knüpfen.

Die Fragen stellte Julia Krakau. Sie arbeitet als freie Journalistin in Nordrhein-Westfalen.

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